Das etruskische Lächeln von José Luis Sampedro

“Hanauer Kanon der Literatur“: In diesem Buch stellen 100 Hanauer Persönlichkeiten ihre ganz besondere Leseempfehlung vor. Es wurde 2014 vom Buchladen herausgegeben und ist nur hier erhältlich. Der folgende Text ist der Beitrag von Claudia Borowski:

Der alternde Süditaliener, Widerstandskämpfer und Bauer Bruno, muss wegen seines Gesundheitszustandes zu seinem Sohn in eine moderne Etagenwohnung nach Mailand ziehen. Alles ist anders als in der vertrauten Welt seines Heimatdorfes in Kalabrien.

Der lebhafte Verkehr, der elegante Lebensstil, die Lebensart der Mailänder, die selbstbewusste Schwiegertochter, mit der der Macho Bruno nichts anfangen kann,  die Nähe zu seinem Sohn - nur langsam findet sich der alte Haudegen in der neuen Heimat zurecht und das auf seine ganz eigene Art. Seine Liebe zu seinem kleinen Enkel lässt den Alten auf skurrile Art zum Beschützer vor dessen Eltern werden. Er möchte aus dem kleinen Brunettino einen richtigen Mann machen, er soll kein Weichling werden. Er entdeckt ungeahnte Seiten an sich und seinen Mitmenschen. Traumwelt und Realität vermischen sich im Kinderzimmer, in dem er nachts stundenlang „Wache hält“ und den Partisanenkrieg noch einmal erlebt. In Hortensia findet der vitale Bauer seine letzte große Liebe und schließlich überlebt er sogar seinen Erzrivalen in der Heimat. Wäre da nicht der stechende Schmerz, die alte Schlange, die sich immer wieder meldet.

Schließlich erkennt er, dass ein Lächeln selbst den Tod überdauern kann, wenn man wirklich gelebt hat.
Dieser wunderbare Roman hat mich tief berührt. Es zeigt Menschlichkeit ohne jede Spur von Sentimentalität, er ist amüsant, tiefgründig, warmherzig, lebensbejahend und hat eine unerhörte Leichtigkeit. Es ist ein absolut lesenswertes Buch, das einen in seinen Bann zieht, zum Lachen bringt aber auch zu Tränen rührt. Es ist ein generationenübergreifendes, aktuelles Buch, das noch lange in einem nachwirkt. Das etruskische Lächeln ist eine Liebeserklärung an das Leben.