Das Unglück anderer Leute von Nele Pollatschek

Das Unglück anderer Leute von Nele Pollatschek

15.12.2016

Nele Pollatschek ist gerade mal 28 Jahre alt. Geboren in Ost-Berlin, aufgewachsen in Frankfurt am Main und zum Studium nach Cambridge und Oxford gegangen, hat sie jetzt ihren ersten Roman veröffentlicht. „Das Unglück anderer Leute“, so der vielversprechende Titel. hr-iNFO Bücherchecker Alf Mentzer hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
In Zentrum dieses Romans steht die skandalöse Ungerechtigkeit, dass man sich ausgerechnet die Menschen, die einen am stärksten beeinflussen, nicht frei aussuchen kann. Gemeint ist damit natürlich die eigene Familie – und Thene, die 25-jährige Hauptfigur in Nele Pollatscheks Anti-Familienroman, hat in dieser Beziehung auch wirklich einiges zu erdulden: Ihr Vater hat vor Jahren seine die Familie wegen seiner neu entdeckten Homosexualität verlassen; der Großvater hält sich für den unehelichen Sohn der englischen Königsfamilie, die Großmutter ist eine Furie, der es dann am besten geht, wenn sie sich aufregen kann. Und als ob eine solche Familienkonstellation nicht schon Unglück genug wäre, ereignet sich eine Katastrophe nach der nächsten.

Wie ist es geschrieben?
Nele Pollatschek erzählt mit Tempo und viel Sinn für Ironie und Situationskomik. Eine absurde Situation folgt auf die nächste, zusammengehalten von dem lakonischen Verzweiflungston ihrer überforderten Hauptfigur. Das macht Spaß, zu lesen, wird nie langweilig und nimmt immer wieder neu Fahrt auf – vor allem dann, wenn Nele Pollatschek vollkommen überdrehte Vergleiche in Anschlag bringt, wie zum Beispiel die hier:

„Oma war für Diplomatie etwas so geeignet wie ein Flammenwerfer zum Kerzenanzünden. Am Ende brannte meist das ganze Haus. Und Entschuldigungen waren Oma so vertraut wie dem Ministerium für Staatssicherheit das Recht auf Privatsphäre – ein Problem der anderen.“
Manchmal wird das ein bisschen viel, manchmal wirkt es ein wenig forciert; aber dann muss man sich nur vergegenwärtigen, dass hier eine Erzählerin am Rande des Nervenzusammenbruchs erzählt – und dann stimmt wieder.

Wie gefällt es?
„Das Unglück anderer Leute“ ist ein erstaunliches Debüt; frech, voller abgedrehter Ideen und Überraschungen, die sich so mancher gestandener Autor gar nicht getraut hätte – dass sich da Ganze dabei nicht im Klamauk zu verlieren, dafür sorgen die Figuren die bei all ihrer Schrulligkeit interessant und mitunter sogar liebenswert wirken, dafür sorgt aber auch die ganz und gar ernste Frage, ob und wie man sein Schicksal bei aller Vorbestimmtheit doch noch in die eigene Hand nehmen kann. Ein lesenswerter Roman, der mindestens so viel Spaß macht, wie er zu denken gibt.

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gebundenes Buch, 224 S.
Sprache: Deutsch
Galiani Berlin
ISBN: 9783869711379