Der Fall Collini von Ferdinand von Schirach

Alle Anwälte sollten schreiben können: Schriftsätze, Gutachten, Plädoyers. Manche von Ihnen wechseln sogar ins Romanfach, so auch Ferdinand von Schirach. Der Berliner Rechtsanwalt hat bereits zwei Bände mit Erzählungen veröffentlicht, in denen er über bewegende Fälle aus seiner Arbeit als Strafverteidiger berichtet: „Verbrechen“ und „Schuld“. In seinem  neuen Buch „Der Fall Collini“ hat er sich nun von seinen realen Fällen gelöst, aber doch eigene Erfahrungen verarbeitet: Seine Arbeit als Strafverteidiger und die nicht unbedeutende Tatsache, dass sein Großvater Baldur von Schirach von 1931 bis 1941 Reichsjugendführer der NSDAP war und von da an bis zum Kriegsende Gauleiter in Wien.

Der SPIEGEL nannte Ferdinand von Schirach zu Recht einen „großartigen Erzähler“ und mit seinem neuen Buch bestätigt er dieses Urteil voll und ganz. Es fängt an wie ein Krimi, mit einem brutalen Mord, für den es kein Motiv zu geben scheint. Der Mörder lässt sich festnehmen, schweigt, und der junge Anwalt Caspar Leinen bekommt zufällig das Mandat für seine Pflichtverteidigung. Sein erster großer Strafprozess, doch, wie sich bald herausstellt, ein sehr großer, einer, der für bundesweites Aufsehen sorgt. Denn das Opfer ist ein prominenter Industrieller und obendrein eine wichtige Figur in Leinens eigener Vergangenheit. Ein Umstand, den Leinen zunächst nicht erkannt hat. Im Laufe seiner Recherchen entdeckt der junge Anwalt die Hintergründe für den Mord, die für ihn eine sehr persönliche Zerreißprobe bedeuten.

Schirach bleibt seinem Schreibstil aus den ersten beiden Büchern treu: Er berichtet in einer sparsamen und ruhigen, scheinbar unemotionalen Sprache und lässt dadurch seine Figuren und ihre Gefühle beim Leser umso mehr plastisch werden. Wie schon vor ihm Bernhard Schlink, auch ein Jurist und Romancier, zeigt Schirach ein Stück deutscher Geschichte aus einem ganz persönlichen Blickwinkel in einer anrührenden und spannenden Geschichte, die zu lesen ich nur wärmstens empfehlen kann.