hr-iNFO-Büchercheck: Bora - Eine Geschichte vom Wind von Ruth Cerha

hr-iNFO-Büchercheck: Bora - Eine Geschichte vom Wind von Ruth Cerha

14.01.2016

Bei dem Wetter da draußen – wer träumt da nicht von Sommer, Strand und Sonne. Das alles gibt es in einem Roman der Wiener Autorin Ruth Cerha. Eine Liebesgeschichte auf einer kleinen kroatischen Insel. hr-iNFO Bücherchecker Frank Statzner hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
Bora, das ist ein kalter und heftiger Wind, der immer wieder über die kleine Insel weht. So heftig, dass er die Stimmung der Menschen verändert. Wenige Einheimische und einige Langzeiturlauber beherbergt das Inselchen und auch viele ehemalige Bewohner, die in der Tito-Zeit in die USA flüchteten und nun immer wieder im Juli zurückkommen. Unter den Urlaubern auch Mara, die Schriftstellerin aus Österreich, und Andrej, der weltläufige Fotograf, aufgewachsen in New Jersey, Sohn von Auswanderern. Mara und Andrej verlieben sich. Ein romantisches Setting mit pittoresken Buchten, üppigem Kochen und Essen, mit Hitze und Salz auf der Haut. Das könnte die Folie für einen Klischeeroman sein, ist es aber nicht. Denn diese Liebesgeschichte hat Tiefgründe. Mara und Andrej sind auf der Suche nach innerer Heimat, beide leiden an beruflichen Kreativitätslöchern. Auf der Insel wollen sie auftanken. Diese Liebesbeziehung ist keine einfache. Sie erlebt den Rausch und die Geborgenheit, aber auch das Misstrauen und die Missverständnisse, und die existenziellen Fragen, wie weit man das Ich bereit ist zu öffnen oder auch aufzugeben für den Anderen. Ende offen.

Wie ist es geschrieben?
Ruth Cerha erzählt ihre Liebesgeschichte wechselseitig aus den Perspektiven ihrer Protagonisten. Und sie erzählt sie in großen Bildern. Man sieht die Insel vor sich beim Lesen, riecht sie, spürt den Wind auf der Haut. Auch die Seelenzustände ihrer Figuren übersetzt sie in Bilder.

„Damals, ganz am Anfang, fielen uns die Worte aus dem Mund wie bunte Glasmurmeln, rollten hin und her, trafen mit freudigem Klackern aufeinander, wechselten die Richtung ganz nach ihrer eigenen Lust und Laune. Wie unserer Berührungen fanden sie ihr Ziel, falls es eines gab, ohne jede Anstrengung.“ - Diese Bildersprache erzeugt eine starke sinnliche Intensität. Sie wird noch verstärkt durch die Melodie und den Rhythmus des Erzählens.

Wie gefällt es?
Bora ist ein Buch zum Abtauchen. Für mich war es gerade jetzt im Winter ein Fluchtort. Es stillt ein wenig die Sehnsucht nach Sommer. Das funktioniert natürlich nur, weil es erstens keine platte Romanze ist, die wir da als Leser miterleben, sondern eine komplexe Beziehung von komplizierten Naturen. Und zweitens, weil die Auswanderergeschichte trägt und für die meisten von uns viel Neues birgt.

hr-iNFO

19,90 € inkl. MwSt.
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gebundenes Buch, 256 S.
Sprache: Deutsch
Frankfurter Verlags-Anst.
ISBN: 9783627002152

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