hr-iNFO Büchercheck: Die Hälfte von allem von Carlos Zanón

hr-iNFO Büchercheck: Die Hälfte von allem von Carlos Zanón

25.12.2014

Für alle die Bücher umtauschen oder Gutscheine einlösen wollen. Jetzt gibt´s den Buchtipp im hr-iNFO Büchercheck. Diesmal mit einem Roman aus Spanien, aus Barcelona. Er heißt: „Die Hälfte von allem“. Geschrieben hat ihn Carlos Zanón, der in Spanien auch als Lyriker, Journalist und Drehbuchautor einen Namen hat. hr-iNFO Bücherchecker Frank Statzner hat ihn gelesen,

Worum geht es?

Wer in der weihnachtlichen Idylle Kontraste braucht, ist bei Carlos Zanón richtig. Er präsentiert uns die Schattenwelt von Barcelona. Keine Strände, keine Promenaden, keine touristischen Highlights. Da, wo sich Zanóns Protagonisten rumtreiben, da will man nicht hin. Und kennen lernen will man diese Leute auch nicht. Die Lektüre ist ein Ausflug in die Finsternis, in die heruntergekommenen Quartiere und prekären Lebenswelten, in die schwarzen Seelen der Menschen. Die einen sind arm, perspektivlos, körperlich kaputt und leben von schäbigen Gaunereien. Die anderen haben sich trotz Krise den bürgerlichen Mittelstand bewahren können, drohen aber wirtschaftlich abzugleiten. Selbstmitleidig, skrupellos, sogar zum Mord fähig. Der passiert dann auch im letzten Viertel des Buchs. Und doch ist das kein Krimi. Es geht nicht um die Aufklärung des Verbrechens, eher um eine Gesellschaftsstudie.

Wie ist es geschrieben?

Ein harter Stoff. So ist er auch geschrieben: direkt und ohne Schnörkel, nah am Jargon der Protagonisten, temporeich. Fesselnd, manchmal verstörend. Sprache wird zum Indikator für die verlorene Moral, die Missachtung, die Skrupellosigkeit, die Brutalität dieser Leute, für ihre Kälte, aber auch ihr Selbstmitleid. Zum Beispiel als einer der Gangster über seine Frau spricht, die drogensüchtig und leberkrank ihrem Ende zugeht:

„Ich kann Junkies nicht ab. Ich hatte schon mal eine, und die ist mir abgenippelt. Das brauche ich nicht noch mal. Außerdem sind die total scheiße drauf. Kein Mumm, um den Tatsachen ins Auge zu sehen. Kein Mumm, um damit aufzuhören. Oder sich die Kugel zu geben. Immer nur fordern, lügen, durchlavieren und wieder fordern.“

Wie gefällt es?

Mir hat dieses Buch gut gefallen. Man kann es als Thriller lesen, denn es ist spannend und auch so geschrieben. Man kann es aber auch als Studie über eine heruntergekommene Gesellschaft lesen. Es ist ein bizarres Panorama, das Zanón da entwirft. Es zeigt uns, was in einer Gesellschaft passieren kann, der nicht nur das Geld verloren gegangen ist, sondern die auch ihre Werte verloren hat.

 

 

 

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gebundenes Buch, 336 S.
Sprache: Deutsch
Nagel & Kimche AG Verlag
ISBN: 9783312006335

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