hr-iNFO Büchercheck: Die Sache mit dem Dezember von Donal Ryan

hr-iNFO Büchercheck: Die Sache mit dem Dezember von Donal Ryan

12.03.2015

Irland steht ja im Ruf, eine Dichterinsel zu sein. Immer wieder bringt sie Autoren hervor, die auch international zu Ruhm kommen. Einer aus dieser Reihe könnte Donal Ryan werden. Er ist erst Ende 30, aber im englischen Sprachraum wird er sehr gelobt. Sein Roman „Die Sache mit dem Dezember“ ist jetzt in Deutsch erschienen. hr-iNFO Bücherchecker Frank Statzner hat ihn gelesen.

Worum geht es?
Die grüne Insel: Menschen mit viel Zeit und guter Laune, viele Künstler, zumindest aber Lebenskünstler. So das Klischee. Heinrich Böll ist mit seinem irischen Tagebuch nicht ganz unschuldig daran. Inzwischen ist die Wirklichkeit in Irland anders. Nach einem märchen-haften Turboaufschwung durch windige Finanzgeschäfte gab es einen umso bittereren Zusammenbruch in der Finanzkrise. Danach war die irische Gesellschaft egoistischer und kälter. Donal Ryan seziert diesen Veränderungsprozess. Er schafft dazu einen Mikrokosmos als Anschauungsort. Ein Bauernkaff, in dem das Leben seit Jahrzehnten im selben Rhythmus abläuft. Dort lebt Johnsey.

Als Teenager verliert er seine Eltern, lebt alleine auf dem Hof. Im Dorf hat er einen Handlanger-Job. Johnsey gilt als Verlierer. Andere Jugendliche machen sich über ihn lustig, verprügeln Johnsey regelmäßig. Die Idylle zeigt Brüche. Die verstärken sich, als die Gemeinde das Farmland zu Bauland macht. Die Leute erwarten, dass auch Johnsey verkauft, denn an ihm hängt das gesamte Projekt. Aber er weigert sich. Schon wegen seiner Vorfahren, die die Farm aufgebaut haben. Er wird angefeindet und mithilfe der Medien fertig gemacht. Aber er, der Weichling, bleibt hart und schlittert naiv in die Katastrophe.

Wie ist es geschrieben?
Donal Ryan schreibt sehr direkt. Klare Aussagen, klare Sprache. Alltagssprache. Zudem schreibt er sehr bildhaft. Zum Beispiel wenn er den Schläger Eugene beschreibt:

Eugene Penrose stand jetzt direkt vor Johnsey, sein Atem traf ihn warm und schal ins Gesicht. Johnsey konnte die feinen Äderchen in seinen Augen sehen. Eugene Penrose atmete schwer durch die Nase und seine feuchten Nüstern bebten wie die eines jungen Bullen. Johnsey wartete nur darauf, dass er anfing mit den Hufen zu scharren. Er kam noch näher, bald würden sich ihre Nasenspitzen berühren, und Johnsey spürte diese altbekannte Leichtigkeit in der Leistengegend. Dwyer hatte einmal gesagt, das wäre ein natürlicher Schutzmechanismus für die Juwelen eines Mannes – diese Leichtigkeit, das Kribbeln, das waren die Eier, die sich in Sicherheit brachten.

Wie gefällt es?
Die Geschichte zeigt, was die Gier aus Menschen macht, denen moralische Werte fehlen. Es ist aber auch ein aberwitziges Buch. Die Starken sind hier mal keine Helden, der Schwache gewinnt Würde. Ein unterhaltendes Buch, ein aufwühlendes Buch, beeindruckend.

 

 

 

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Leinen, 272 S.
Sprache: Deutsch
Diogenes Verlag AG
ISBN: 9783257069273