Und der Herr sei ihnen gnädig (gebundenes Buch)

Und der Herr sei ihnen gnädig

Street Dreams

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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783570008720
Sprache: Deutsch
Seiten: 448 S.
Fomat (h/b/t): 4 x 22 x 14.5 cm
Bindung: gebundenes Buch

Beschreibung

Routinemäßiger Streifendienst der jungen Polizistin Cindy Decker - bis ein wild gestikulierender Mann ihr Auto stoppt. In den Müllsäcken an der Straße schreit ein Baby. Cindy kann das neugeborene Mädchen retten und begegnet in der Klinik dem äthiopischen Pfleger Koby, der ihre Gefühle in Aufruhr versetzt. Bei der Suche nach der Mutter des Findelkindes gerät sie in einen Strudel von Gewalt. Im Zentrum scheint ein Internat für geistig Behinderte zu stehen. Eine junge Frau, die dort lebt, wurde mehrfach vergewaltigt, ihr Freund ist seither verschwunden. Cindy hält sich bei den Ermittlungen eher widerwillig an die Anweisungen ihres Vorgesetzten, der sich nur mäßig für den Fall interessiert. Sie zieht immer wieder ihren Vater Peter Decker, Kommissar bei der Polizei von Los Angeles, zu Rate. Der sorgt sich aber nicht nur um seine Tochter, sondern auch um seine Frau Rina Lazarus, die sich auf eine folgenschwere Reise in die Vergangenheit begeben hat. Als es Cindy gelingt, den Anführer einer Jugendbande, die sie mit der Vergewaltigung in Verbindung bringt, festzunehmen, geraten sie und Koby in eine lebensgefährliche Falle. Booklist "In Faye Kellermans Romanen erfährt der Leser viel über die amerikanische Gesellschaft der Gegenwart, und die spezielle Perspektive der Autorin erlaubt eine besonders hellsichtige Kritik an den Auswüchsen des Systems."

Autorenportrait

Faye Kellerman war, bevor sie als erfolgreiche Schriftstellerin, mit ihren Rina Lazarus/Peter Decker-Romanen international und auch in Deutschland riesige Erfolge feierte, Zahnärztin mit einer besonderen Liebe zur Musik. Sie lebt zusammen mit ihren Kindern und ihrem Mann, dem Psychologen und Bestsellerautor Jonathan Kellerman, in Los Angeles.

Leseprobe

Prolog Da der Mord so lange wie ein Geheimnis behandelt worden war, hatte er mythologische Ausmaße angenommen. Hier aber war der Beweis, die greifbare Bestätigung, dass er tatsächlich stattgefunden hatte. Mitten in der Nacht, in der Abgeschiedenheit ihrer Wohnung, schlitzte Rina vorsichtig den braunen, in München abgestempelten Umschlag auf und zog mit zitternden Händen die darin enthaltenen Papiere heraus: Fotokopien von Dokumenten, datiert aus den späten zwanziger Jahren. Mama hatte immer gesagt, sie sei zehn gewesen, als es passierte, aber wie sich nun herausstellte, war sie sogar noch jünger gewesen. Die verblasste, kaum lesbare Schrift hätte selbst dann ein Problem dargestellt, wenn es sich um Englisch gehandelt hätte. Es würde mehr als ihre Jiddisch-Kenntnisse erfordern, den Text zu entziffern. Der Umschlag war am Spätnachmittag mit der Post gekommen. Dies war ihre erste Gelegenheit, sich die Seiten anzusehen, ohne von den Kindern oder Peter gestört zu werden. Peter. Sie hatte ihm nichts davon erzählt. Es war ganz spontan geschehen, als sie am ersten Tag ihres Aufenthalts allein durch die bayerische Hauptstadt wanderte, während er seinen Jetlag ausschlief. Sie hatte sich zu dem Spaziergang entschlossen, weil sie hoffte, an der frischen Luft die nagende Ruhelosigkeit abschütteln zu können, die sie plagte, seit das Flugzeug auf deutschem Boden gelandet war. Kaum zu glauben, dass sie ausgerechnet München als Urlaubsziel gewählt hatte. Andererseits stand ihr nur eine Woche Zeit zur Verfügung, um etwas zu planen. Sie war nach den New Yorker Strapazen so erschöpft gewesen, und Peter hatte zu dem Zeitpunkt kurz vor dem totalen Zusammenbruch gestanden. Da hatte sie die Planung nur allzu gern einer dritten Person überlassen. Inzwischen sah alles wieder besser aus - zumindest redete sie sich das ein -, wenn auch noch längst nicht normal. Rina wusste lediglich, was Peter auch seinen Vorgesetzten und der Presse über die Morde und die Schüsse auf ihn mitgeteilt hatte. Trotzdem war ihr klar, dass in seinen grauen Zellen wesentlich mehr verborgen lag, Dinge, über die er nicht mit ihr sprechen wollte. Zumindest aber hatte er mit seinem Bruder Randy, der ebenfalls Polizist war, ein paar längere Gespräche geführt. Randy hatte darauf bestanden, dass sie die Reise machten, und zwar allein. Er schlug vor, auf Hannah aufzupassen, damit nicht die ganze Last an Peters Eltern hängen blieb. Dass sie sich zu einer Woche in München entschlossen, war eine reine Verzweiflungstat gewesen. Rinas Freundin, Ellen Nussburger, hatte angeboten, alles für sie zu organisieren. 'Ich kann gar nicht fassen, dass ich mich dazu wirklich überreden lasse', hatte Rina zu ihr gesagt. 'Du wirst es nicht bereuen', hatte Ellie geantwortet. 'Es wird ganz anders sein, als du es dir vorstellst.' Aber es war genau so gewesen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Als um sie herum nur noch Deutsch gesprochen wurde, war ein Gefühl der Beklemmung in ihr hochgekrochen. Sie hatte es nach reiflicher Überlegung abgelehnt, nach Dachau zu fahren. Das Letzte, was Peter jetzt brauchte, war noch mehr Zerstörerisches in seinem Leben, und für sie galt dasselbe. Trotzdem war die ganze Woche von einer gewissen Bedrücktheit überschattet gewesen, weil es ihr einfach nicht möglich war, über den Marienplatz oder durch die Kaufingerstraße zu gehen, ohne an das jüdische Blut zu denken, das auf deutschem Boden vergossen worden war. Immer wenn sie am Hofbräuhaus vorbeikamen, war ihr, als würden Geister das Horst-Wessel-Lied herausschreien. Das einzig Versöhnende war Ellies Arbeit, mit der sie versuchte, eine jüdische Religionsgemeinschaft aufzubauen. Dass Ellie und ihr Mann Larry sich dafür ausgerechnet Deutschland ausgesucht hatten, bewies ihren Nonkonformismus, aber das war typisch Ellie. Rina musste an ihre gemeinsamen Schuljahre denken, ihre Zeit im Kindergarten. Als sie beide fünf waren und Purim gefeiert wurde, hatten sich die meisten ander ...