Das Photo (gebundenes Buch)

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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783570009512
Sprache: Deutsch
Seiten: 256 S.
Fomat (h/b/t): 2.5 x 22 x 14.2 cm
Bindung: gebundenes Buch

Beschreibung

'Was mich interessiert, ist das Gedächtnis, die Art und Weise, wie Menschen und Landschaften aus Erinnerungen zusammengesetzt sind.' Penelope Lively Nach dem Tod seiner bildschönen Frau findet Glyn ein altes Photo von ihr, auf dem sie mit einem anderen Mann Händchen hält. Wann und wo wurde das Photo gemacht? Dieser Nachweis der Untreue - für lange Jahre versteckt - lässt Glyn nicht ruhen. Ganze Lebensentwürfe gehen bei seinen Nachforschungen in die Brüche. Kann er die Wahrheit über Kath herausfinden? Penelope Lively entwickelt hier mit wunderbarer Leichtigkeit das Bild einer Frau, die ganz anders war, als ihr Mann ein Leben lang dachte. Der neue Roman der 'Booker'-Preisträgerin: klug und mit feinstem englischen Humor.

Leseprobe

Kath steigt aus dem Dielenschrank im Obergeschoss, wo sie nichts zu suchen hat. Im Dielenschrank stapelt sich, was Glyn 'nutzwertarmes Material' nennt: Tagungsschriften, Beurteilungen von Studenten und Sonderdrucke, darunter hoffentlich auch der, den er dringend für den Artikel braucht, an dem er gerade arbeitet. Die Schichten gehen bis in seine Doktorandenzeit zurück, aber nicht in benutzerfreundlicher Chronologie, sondern planlos durch- und nebeneinander. Ein kompakter Turm aus Heften von Past and Present stemmt sich gegen einen Stoß ramponierter Ordner mit herausquellendem Innenleben. Beim Stöbern flattern Glyn vergessene Studenten vor die Füße, wo sie vorwurfsvoll liegen bleiben: 'Susan Cochranes Beiträge zu meinem Seminar beschränkten sich auf Oberflächliches.' Ordentlich beschriftete Schachteln mit Photos - Luftaufnahmen, Bishops Munby 1976, Leeds 1985 - sind zwischen weitere Ordner gezwängt. Zöge man etwas davon heraus, würde alles herabstürzen wie beim Türmchenbauen, wenn ein Stein falsch gesetzt wird. Doch dahinter hat Glyn einen Lagerplatz entdeckt, der verheißungsvoll nach Sonderdrucken aussieht. Ein Regalbrett höher sieht er den goldenen Schriftzug auf dem Rücken seiner eigenen Doktorarbeit, deren grüner Leineneinband von braunen Altersflecken gesprenkelt ist; darauf liegen Jahrgänge des Yorkshire Archeological Journal aus den Achtzigerjahren. Eigentlich spiegelt der Dielenschrank den Gegenstand von Glyns Forschungen hübsch wider: Er ist eine Landschaft, in der alles nebeneinander existiert und darauf wartet, fachmännisch analysiert zu werden. Aber Glyn hält sich bei diesem Gedanken nicht auf, sondern konzentriert sich auf die immer frustrierendere Suche. Er zieht an einem Ordner, um besser dahintersehen zu können, und löst damit unweigerlich eine Lawine aus. Entnervt lässt er sich auf die Knie nieder, um das Chaos wegzuräumen, und plötzlich ist Kath da. Eine braune Mappe, auf der in ihrer schwungvollen Schrift steht: Aufheben! Sie lächelt ihn an; er sieht ihren fransigen dunklen Pony, ihre Augen, darin jenes Lächeln. Was macht sie hier, mitten in diesem ganzen Wust, der nichts mit ihr zu tun hat? Glyn hebt die Mappe hoch, starrt sie an. Unerklärlich, wie sie hierher gelangt ist. Kaths Sachen sind doch alle fortgeschafft worden. Damals. Als sie. Als. Moment mal. Darunter liegen zwei weitere Ordner mit ihrer Handschrift: Rezepte. Du lieber Himmel, wann befasste sich Kath ernsthaft mit Kochen? Er klappt den Ordner auf, blättert darin. Tatsächlich: Ausschnitte aus Zeitungen und Zeitschriften aus den späten Achtzigerjahren, danach nimmt ihre Anzahl rasch ab, was für sich spricht. Glyn inspiziert den zweiten Ordner, der quittierte Rechnungen enthält, vieles davon zweite Mahnungen mit roten Klebefähnchen, was ebenfalls für sich spricht, und eine lückenhafte Folge von Kontoauszügen, auf denen das Minus immer größer wird. Anscheinend sind diese Sachen bei der großen Räumaktion irrtümlich zwischen seine Papiere gerutscht. Der übereilten, fahrigen Räumaktion. Elaine hatte sich erboten, Kaths Sachen durchzusehen und wegzubringen. Das hier ist ihr entgangen. Seither liegt das Zeug hier und vermodert. Nun ja, 'vermodern' ist vielleicht übertrieben, aber es vergilbt an den Rändern, einem beharrlichen Verfallsprozess unterworfen wie alles hier, wie alle unbelebten Dinge. Während sie darauf warten, Erforschern verschwundener Landschaften eine Denkpause zu verschaffen. Bei der ohnehin braunen Mappe ist das Vergilben nicht so offensichtlich. Glyn stellt die Ordner auf den Boden und setzt sich auf den Treppenabsatz, die Mappe in der Hand. Er macht sie auf. Drinnen ist nicht viel. Ein paar Dokumente und ein zugeklebter brauner Umschlag, der etwas Steifes enthält. Glyn legt ihn beiseite und geht den Rest durch. Die Schätzung eines Juweliers über eine zweireihige Perlenkette und ein Paar Perlenohrringe in Tropfenform. Ursprünglich der Schmuck von Kaths Mutter, wie er sich vage erinnert. Kath hat die Ohrringe viel getra