Die Klavierlehrerin (gebundenes Buch)

Die Klavierlehrerin

The Piano Teacher

Roman

19,95 €
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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783570010648
Sprache: Deutsch
Seiten: 366 S.
Fomat (h/b/t): 3.3 x 22 x 14.5 cm
Bindung: gebundenes Buch

Beschreibung

Ein großer, kluger Frauenroman vor der exotischen Kulisse Hongkongs Als der Engländer Will Truesdale 1941 nach Hongkong kommt, verliebt er sich sofort in die mondäne, exzentrische Trudy chinesisch-portugiesischer Abstammung. Doch die Invasion der Japaner stellt ihre Beziehung auf eine harte Probe. Zehn Jahre später kommt die junge Klavierlehrerin Claire nach Hongkong. Als sie Will Truesdale kennenlernt, fühlt sie sich sofort zu ihm hingezogen. Doch sie spürt, dass er ein düsteres Geheimnis in sich trägt. Claire möchte unbedingt herausfinden, was zur Zeit der japanischen Besatzung wirklich passiert ist. Ein berührender, großer Frauenroman um Liebe und Loyalität, Vertrauen und Verrat in einer dramatischen Epoche Hongkongs.

Leseprobe

Mai 1952 Es BEGANN MIT einem Missgeschick. Das kleine Herend-Kaninchen fiel in Claires Tasche. Es stand auf dem Flügel, und als Claire am Ende der Klavierstunde die Noten einpackte, stieß sie es um. Es fiel von dem Zierdeckchen (ein Zierdeckchen! Auf einem Steinway!) in ihre große Ledertasche. Was dann folgte, verblüffte sie selbst. Locket schaute auf die Tasten hinab und bemerkte nichts. Und Claire. Claire ging einfach. Erst als sie draußen auf den Bus wartete, wurde ihr bewusst, was sie getan hatte. Doch da war es zu spät. Sie fuhr nach Hause und vergrub die teure Porzellanfigur unter ihren Pullovern. Claire und ihr Mann waren vor neun Monaten nach Hongkong gezogen - Martin war an das dortige Wasserwirtschaftsamt versetzt worden. Churchill hatte die Rationierungen aufgehoben, und die Lage normalisierte sich allmählich wieder, als die Nachricht von der Versetzung kam. Claire hätte sich nie träumen lassen, dass sie England einmal verlassen würde. Martin war Ingenieur, er leitete den Bau des Tai-Lam-Cheung-Staudamms, nach dessen Fertigstellung man das Wasser nicht mehr so stark würde rationieren müssen, wenn - wie es alle paar Jahre geschah - die Niederschlagsmenge zurückging. Der See sollte dann siebzehn Millionen Kubikmeter fassen. Claire konnte sich eine solche Menge kaum vorstellen, aber Martin meinte, sie werde nicht ausreichen; man werde mit Sicherheit noch einen weiteren Stausee bauen müssen. »Mehr Arbeit für mich«, sagte er vergnügt. Zur Zeit analysierte er die Topografie der Hügel, um für die Regenzeit Auffangbecken anlegen zu können. Claire wusste, wie viel die englische Regierung für die Kolonien tat. Sie ermöglichte den Einheimischen ein sehr viel besseres Leben, was sie jedoch selten zu schätzen wussten. Ihre Mutter hatte Claire vor den Chinesen gewarnt: ein gewissenloses, hinterhältiges Volk, das garantiert versuchen würde, ihre Arglosigkeit und ihren guten Willen auszunutzen. Auf der Überfahrt hatte sie gemerkt, wie die Luft von Tag zu Tag feuchter wurde. Der Seewind frischte auf, und die Sonne brannte noch heißer, wenn sie durch die Wolken brach. Als die P&O Canton im August schließlich in den Hafen von Hongkong einlief, spürte Claire deutlich, dass sie sich in den Tropen befand: Ihr Haar kräuselte sich, und ihr Gesicht war ständig ein wenig feucht, ebenso ihre Achselhöhlen und Kniekehlen. Wenn sie ihre Kabine verließ, traf die Hitze sie wie ein Schlag, und sie musste sich einen Schattenplatz suchen und sich Luft zufächeln. Sie hatten auf der vierwöchigen Reise sieben Häfen angelaufen, aber nach einigen schmutzigen Stunden in Algier und Port Said hatte Claire es vorgezogen, an Bord zu bleiben, statt noch mehr furchteinflößenden Menschen und Gebräuchen zu begegnen. Unvorstellbares hatte sie gesehen. In Algier hatte ein Mann einen Esel geküsst, und sie hatte nicht unterscheiden können, ob der scharfe Geruch von ihm oder von dem Tier ausging. In Ägypten waren die Märkte geradezu der Inbegriff mangelnder Hygiene gewesen - ein Fischhändler hatte einen Fisch ausgenommen und das Messer dann sauber geleckt. Sie hatte sich erkundigt, ob die Lebensmittel auf dem Schiff von solchen Märkten stammten, und die Antwort war höchst unbefriedigend ausgefallen. Ein Onkel von ihr war in Indien an einer Lebensmittelvergiftung gestorben, deshalb war sie vorsichtig. Sie blieb für sich und ernährte sich hauptsächlich von der Fleischbrühe, die am späten Vormittag auf dem Sonnendeck gereicht wurde. Der tägliche Speisezettel war einfach: Rüben, Kartoffeln und anderes Gemüse, das im Laderaum gelagert werden konnte, dazu in den ersten Tagen, nachdem man einen Hafen verlassen hatte, Fleisch und Salat. Martin ging jeden Morgen auf Deck spazieren, um sich Bewegung zu verschaffen, und versuchte vergeblich, sie zum Mitkommen zu überreden. Sie saß lieber in eine der kratzigen Schiffsdecken gehüllt in einem Deckstuhl, das Gesicht mit einem breitkrempigen Hut vor der allgegenwärtigen Sonne geschützt. Es hatte auf dem Schiff