Kinkerlitzchen (kartoniertes Buch)

Kinkerlitzchen

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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783442730872
Sprache: Deutsch
Seiten: 160 S.
Fomat (h/b/t): 1.3 x 18.7 x 11.8 cm
Bindung: kartoniertes Buch

Beschreibung

Eigentlich beginnt alles ganz harmlos. Ein alter Professor hört Stimmen, ein Toningenieur erfindet narkotisierende Klänge, ein bigotter Herzkranker bittet Gott um Hilfe. Aber dann kommt alles anders, als man denkt. Der Toningenieur hat in seinem Eifer nicht an die Autoradios gedacht, der Professor will die Menschen zum Verschwinden bringen, und Gott erfüllt das Ansinnen des opportunistischen Bittstellers auf heimtückische Weise. Wie immer strotzen E. W. Heines Kille Kille Geschichten vor nachtschwarzen Bosheiten und sarkastischen Pointen, ihr subtiler Horror überwältigt mit sanfter Leichtigkeit.

Leseprobe

Salto mortale Die Show wurde zum größten Erfolg der Fernsehgeschichte. Die Einschaltquoten waren so gigantisch, dass die anderen Sender ihren Betrieb hätten einstellen können. Wenn am Samstagnachmittag Salto mortale über die Bildschirme flimmerte, waren die Straßen wie leer gefegt. Gewiss, schon immer waren Gewinnspiele beliebt: "Einer wird gewinnen" oder "Wer wird Millionär?" Aber sie waren alle alberne Kinderspiele gegen den Salto mortale, den Todessprung. Jeder konnte mitmachen. Die Fernsehgesellschaft suchte unter den Bewerbern - es waren jedes Mal mehrere hundert - die geeigneten Mitspieler aus, drei Männer und zwei Frauen. Die Kriterien, nach denen dies geschah, waren schwer durchschaubar, aber dass dabei Jugend, Vitalität und ansprechendes Aussehen eine Rolle spielten, war offensichtlich. Die fünf Erwählten wurden schon Tage vor der Show von den Medien ausgiebig vorgestellt. Sie trafen sich am Freitagmorgen in einer eigens zu diesem Zweck erbauten Luxussuite mit allen Annehmlichkeiten eines Fünf-Sterne-Hotels. Dort am Pool, in der Sauna, beim Austernschlürfen, Schlummern oder Tanzen konnte sich jedermann davon überzeugen, was für Prachtexemplare der menschlichen Rasse hier zusammengekommen waren. Hunderte von versteckten Kameras übertrugen jede Lebensäußerung live und hautnah. Vier von ihnen würden morgen Multimillionäre sein, reich und von aller Welt beneidet. Aber einer von ihnen würde dafür mit seinem Leben bezahlen. Als Felix Feldbusch in seiner Morgenpost einen Brief vom Fernsehen fand, glaubte er zunächst, es handle sich um eine Absage. Wer von uns rechnet schon mit einem Gewinn, wenn er an einer Lotterie teilnimmt? Doch dann - nachdem er den Briefumschlag mit seinem Kaffeelöffel geöffnet hatte, las er, dass er auserwählt sei, am Salto mortale teilzunehmen, am zweiten Samstag im kommenden Monat. Er hastete zum Telefon, um seiner Freundin die Sensation mitzuteilen: "Ist das nicht fantastisch?" "Nein, tu das nicht. Du bist verrückt. Ich werde vor Angst sterben", sagte Verena. "Bitte nicht." "So schnell stirbt man nicht", lachte er. "Am Wochenende wird mein Foto in allen Zeitungen zu sehen sein. Ich bin ein Star. Das müssen wir feiern, noch heute." Am Abend aßen sie im besten Restaurant der Stadt alles, was gut und teuer war. Als Verena nach dem Dessert fragte: "Gehen wir zu mir oder zu dir?", antwortete er mit weltmännischem Grinsen: "Weder noch." Er ließ eine Taxe kommen und nannte den Namen eines Hotels, das er nur von außen kannte, weil er sich bisher dort nicht hineingetraut hatte. In einer Suite mit Doppelbadewanne in honigfarbenem Marmor vögelten sie sich die Seele aus dem Leib und bespritzten sich mit perlendem Champagner. "Du hast die Millionen noch nicht gewonnen", warnte Verena. Felix erwiderte: "Wenn ich verliere, was bei einer Chance von eins zu vier nicht sehr wahrscheinlich ist, dann brauche ich die Kohle auf meinem Konto nicht mehr. Und wenn ich gewinne, reicht das für den Rest meines Lebens. Warum also rechnen!" Der große Tag rückte immer näher, und je näher er kam, desto mehr wich die erste Euphorie der bangen Frage: Was ist, wenn ich.? Es konnte auch sein Todesurteil sein, und er war noch jung, verdammt jung. Dennoch, wo sonst konnte man so schnell so viel Geld machen, unter so günstigen Chancen? Im Lotto oder in der Lotterie war die Wahrscheinlichkeit, solch einen Betrag zu gewinnen, praktisch gleich null. Beim Salto mortale zogen von fünf Teilnehmern vier den Hauptgewinn. Wo gab es dergleichen noch einmal? Und das Risiko? Mein Gott, wo gab es das nicht? Musste nicht jeder, der in ein Flugzeug stieg, damit rechnen, dass er nicht wiederkam? Die Menschen, die bei uns jedes Jahr auf der Straße tödlich verunglücken, sind so zahlreich wie die Bewohner einer ganzen Kleinstadt. Und trotzdem fahren sie alle Auto! Felix dachte an die Salto-mortale-Shows, die er schon gesehen hatte. Er hatte keine ausgelassen. Es war immer das Gleiche und dennoch immer wieder neu und erregend: Fünf jung